Religion ist ein Phänomen, das sich mit Hilfe des philosophischen Materialismus nicht wahrheitsgetreu und erschöpfend beschreiben läßt, weil sie sich nicht oder nicht nur mit der Materie beschäftigt. Will man eine Religion in ihrer Gesamtheit erklären, so muß man sie selbst erlebt haben und aus persönlicher Einbezogenheit und dem Glauben heraus ihr Wesen weitervermitteln können. Wohl kann man sie ,,wissenschaftlich“ mit dem Skalpell zerlegen – doch wo das persönliche Engagement fehlt, wird kein Funke überspringen.
In unserer Zeit, die dazu neigt, alle nichtmateriellen Werte anzuzweifeln, sie zu verspotten oder sie bestenfalls unpersönlich zu beschreiben, trist uns hier ein Mann entgegen, der allen sichtbar das lebt, was er lehrt. Das aber; was er lehrt, ist einfach, logisch, überzeugend:
Islam bedeutet ,,Ergebung in den Willen Gottes“. Er ist nicht Religion im westlich verstandenen Sinn, sondern umfaßt mehr alle Bereiche des Lebens.
Nach islamischer Auffassung besteht der Sinn des menschlichen Daseins darin, daß der Mensch Gott erkennt als den Schöpfer des gesamten Universums und den Beherrscher all dessen, was es umfaßt, und aus dieser Erkenntnis heraus nur nach einem trachtet: das Wohlgefallen Gottes zu erlangen.
,,Ergebung in den Willen Gottes“ aber bedeutet, daß alles im Universum im Einklang mit dem Willen Gottes, der sich in den Naturgesetzen offenbart, existiert und lebt. Steine, Pflanzen, Tiere und selbst der Mensch, Soweit es seine unbewußten Reaktionen betrifft, tun dies ganz naturgemäß. Aufgrund seines ihm allein in bestimmtem Umfang mitgegebenen freien Willens sollte der Mensch jedoch auch bewußt Gottes Gesetz und seine Gebote befolgen.
Um dem Menschen Dafür ewiggültige Maßstäbe in die Hand zu geben ihn also nicht seinem eigenen und deshalb fehlbaren Urteil zu überlassen hat Gott bei allen Völkern besonders befähigte Männer dazu ausersehen, seinen Willen zu verkünden. Alle diese Männer haben ,,Ergebung in den Willen Gottes“, also den Islam, gepredigt. Der erste aus dieser langen Reihe von Propheten war Adam. und unter denen, deren Namen uns bis heute überliefert wurden, sind die hervorragendsten Abrahams, Moses und Jesus; nach islamischer Lehre war Jesus ein Prophet. nicht aber ,,Sohn Gottes“. Der letzte jedoch und der einzige, dessen Botschaft bis in unsere Zeit in allen Einzelheiten unverändert erhalten blieb, ist Mohammed – das bestätigen selbst jene Orientalisten, die dem Islam gegenüber voreingenommen sind.
Muhammad ist also keineswegs der erste, sondern vielmehr der letzte Prophet des Islams, also nicht sein Gründer. Sondern sein Wollender. Es war seine Aufgabe, die Botschaft der vorausgegangenen Propheten zu bestätigen und das zu berichtigen, was an ihren Lehren durch menschliche Machenschaften verfälscht worden war. Obwohl im Islam alle Propheten gleichermaßen verehrt werden, nimmt Muhammad eine besondere Stellung ein, weil seine Botschaft im Gegensatz zu früheren an alle Völker gerichtet ist und für alle Zeiten Gültigkeit hat.
Entsprechend der islamischen Lehre waren also beispielsweise. die Juden, die Abrahams und Moses als Propheten anerkannten, Moslimen (die in Gottes Willen Ergebenen). Sie hörten erst dann auf; Moslimen zu Sein; als sie sich weigerten, die von Jesus verkündete Botschaft zu akzeptieren In gleicher Weise werden die Anhänger Jesu erst ab dem Zeitpunkt nicht mehr als Moslimen angesehen, von dem an sie Mohammed, den Vollender des Islams, als Propheten ablehnten‘. Als logische Konsequenz dieser Lehre wird im Islam auch Andersgläubigen das Paradies versprochen, ,,wenn sie wahrhaft Gott und den Jüngsten Tag glauben und gute Werke tun“ (Qur’an)
Ein weiteres wichtiges Merkmal des Islams ist das Fehlen einer ,,Kirche“ oder vielmehr eines Priestertums im hergebrachten Sinn. Alle Menschen können unmittelbar zu Gott beten, Imam (Vorbeter) in der Moschee kann jeder erwachsene Muslim sein, der die Worte des Gebets beherrscht Auch würde es keinem Muslim einfallen, zu Jesus, Mohammed oder irgendwelchen Heiligen zu beten oder sie um Beistand und Fürsprache zu bitten, denn nur Gott allein ist der Anbetung würdig, und er allein vermag Beistand zu gewähren.
Das Interessanteste in unserer Zeit der Umwälzung und Reformen jedoch ist, daß sich nach islamischer Auffassung die vor 1400 Jahren im Qur’an offenbarte und vollendete Botschaft Gottes nicht als reformbedürftig erwiesen hat. Der Islam, vom Anbeginn der Zeiten auf die menschliche Natur abgestimmt, muß notwendigerweise bis zum Jüngsten Tag seine Gültigkeit behalten, weil sich die Natur des Menschen nicht ändert, wobei nicht übersehen werden darf; daß im Islam nicht erlaubt ist, was dem Menschen gefällt, sondern nur das, was Gott gefällt.
Wer aufrichtig daran interessiert ist, den Islam und die Denkweise der Moslimen, deren Zahl sich heute auf weit mehr als eine halbe Milliarde belauft, verstehenzulernen, für den wird dieses Buch von Nutzen sein. Denn es greift alle Probleme und auch die sogenannten ,,heißen Eisen“ auf; ohne sich zu sehr in Einzelheiten zu verlieren Wenn es gelingen sollte, mit seiner Hilfe einige altverwurzelte Vorurteile und Mißverständnisse auszuräumen und die Menschen, die guten Willens sind, näher zusammenzuführen, so wird es seinen Zweck erfüllt haben.